25. August 2021

Kollege Roboter – Interview mit Herwig Hengl

Während andere Industrien hoch automatisierte Produktionsanlagen betreiben, ist die

Bauwirtschaft weitgehend geprägt von manueller Fertigung. Doch Expert*innen sind sich

einig: Um die Produktivität zu steigern, werden Bauprojekte in Zukunft stärker als bisher

automatisiert. Doch wie ist derzeit der Stand der Automatisierung, auf den die

Bauunternehmen schon heute zurückgreifen können? Und wo liegen die größten Potentiale

für die Zukunft?

 

Herwig Hengl, Gründer des Start-ups PRINTSTONES und österreichischer Pionier in Sachen mobile Baurobotik, gab dem VZI ein Interview zu den Kernfragen des automatisierten Bauens:

 

 

Roboter am Bau: Eine sinnvolle Ergänzung zugunsten des Menschen

 

Herr Hengl, Printstones gilt als eines der vielversprechendsten Start-ups im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung am Bau in Europa. Was macht das Bauen mit Robotern und 3D-Druck so viel effizienter als die herkömmliche Bauweise? Wo liegen die konkreten Vorteile des Roboters gegenüber dem Menschen?

 

Herwig Hengl: Meines Erachtens ist das Bauen mit Robotern keine neue Bauweise, sondern eine sinnvolle Ergänzung in bestimmten Teilbereichen. Roboter sind sehr gut in der Erledigung von repetitiven und körperlich belastenden Tätigkeiten. Ein gutes Beispiel sind Deckenbohrungen (für abgehängte Decken) – bei großen Neubauten sind mitunter 3000 Decken-Bohrlöcher pro Geschoss nötig. Der Bauarbeiter muss diese Tätigkeit in einer ergonomisch ungünstigen Position tagelang ausführen. Durch die hohe Repetition ist eine solche Tätigkeit leicht zu programmieren. Dabei können auch Daten (z.B. Position der Bohrlöcher) aus (digitalen) Plänen verwendet werden. Anschließend kann der Roboter die Aufgabe (semi-)automatisch ausführen. Der Vorteil hierbei ist, dass eine Maschine ohne Unterbrechung mit höchster Präzision arbeiten kann.


Prognostizieren Sie eine „friedliche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine“?

 

Herwig Hengl: Unsere Maschinen werden aus Sicherheitsgründen vorerst in eigens abgetrennten, für den Menschen nicht zugänglichen Bereich arbeiten. 

 

Wie wird die Aufgabe des Menschen aussehen, wenn der Roboter die Ausführung übernimmt? Wird der Mensch überhaupt noch gebraucht?

 

Herwig Hengl: Ich denke nicht, dass Roboter in absehbarer Zeit die komplette Ausführung übernehmen werden. Wir arbeiten daran, gewisse Teilbereich des Bauprozesses zu automatisieren. Hierbei geht es um monotone und repetitive Tätigkeiten, welche über lange Zeiträume ausgeführt werden müssen und negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bauarbeiter haben.

 

Verlieren wir mit dem Automatisieren von Prozessen unsere Individualität in unseren Projekten?

 

Herwig Hengl: Das hängt davon ab, wie flexibel die Automatisierung angepasst werden kann. Beim 3D-Druck erreicht man beispielsweise eine sehr hohe Individualität, da die Bauteile fast ohne Mehrkosten individuell gefertigt werden können.

 

Vielen Dank für das Gespräch.