Umfrage, 1. März 2018

Zurückhaltung des Werklohns keine Seltenheit

Umfrage: Ziviltechniker- und Ingenieurbüros bewerten Zahlungsmodalitäten der öffentlichen Hand / CCC-Award zeichnet erstmals Qualität der Zusammenarbeit aus

 

Die Zurückhaltung des Werklohns aufgrund von behaupteten, nicht nachgewiesenen Mängeln ist offensichtlich bei Bauprojekten in Österreich keine Seltenheit. Rund 42 Prozent von 90 im Rahmen einer Umfrage befragten Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbetrieben haben diese Erfahrung mindestens schon einmal gemacht. „Behauptete Mängel müssen zum Zeitpunkt der Zurückhaltung des Lohns konkretisiert und prüfbar dargestellt werden“, fordert Andreas Gobiet, Präsident des Verbands der Ziviltechniker und Ingenieurbetriebe (VZI). Der jetzt vom VZI ausgeschriebene CCC-Award (Construction-Consulting-Culture) wird an Personen verliehen, die sich in besonderer Weise für die Qualität der Zusammenarbeit bei Immobilien- und Infrastrukturprojekten in Österreich engagiert haben. Nominierungen sind noch bis Ende März möglich. 

Grafiken zur Umfrage

42 Prozent der durch den VZI befragten Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbetrieben gaben an, bereits ein- oder mehrmals durch eine Zurückhaltung des Werklohns betroffen gewesen zu sein, ohne dass konkrete Schäden nachgewiesen wurden.

Die qualitative Online-Umfrage unter Architekten, Ziviltechnikern und Ingenieuren aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern verdeutlichte die allgemeine Unzufriedenheit mit den derzeit herrschenden Zahlungsmodalitäten.

Ein Großteil der Befragten zeigt sich an Vorauszahlungen mit Sicherstellung in Form einer Bankgarantie interessiert, oder hat dies bereits bei Projekten öffentlicher Auftraggeber in Anspruch genommen – ein klares „Ja“ für mehr Sicherheit hinsichtlich der Zahlunsmodalitäten.

 

Bereits 2017 präsentierte der VZI im Rahmen eines „5-Punkte-Katalogs“ einen gemeinsam mit dem Fachverband Ingenieurbüros der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen sowie der Rechtsanwaltskanzlei Pflaum Karlberger Wiener Opetnik ausgearbeiteten Vorschlag zur Verbesserung der Zahlungsmodalitäten bei öffentlichen Bauprojekten. Die Ergebnisse der anschließend durchgeführten Umfrage unter Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbetrieben zeigten deutlich, dass man mit den im Programm angeführten Vorschlägen auf dem richtigen Weg sei, so Andreas Gobiet, Präsident des 1987 gegründeten Verbands. „Wir werden nun beginnen, mit den verantwortlichen Stellen entsprechende Gespräche zu führen“, kündigt Gobiet an.

 

Vorauszahlungen und regelmäßigere Teilzahlungen gefragt

 

Mit 55 Prozent zeigt sich die Mehrheit der Befragten mit den derzeit vorherrschenden Zahlungsmodalitäten bei öffentlichen Bauprojekten unzufrieden. Wesentlicher Grund dafür für viele sein, dass Teilzahlungen oftmals verzögert und in zu langen Abständen erfolgen. Dies führe insbesondere bei Großprojekten zu langfristigen Vorfinanzierungen von Personal und sonstigen Ressourcen durch Architektur-, Ziviltechniker- und Ingenieurbüros.

 

In diesem Zusammenhang sind auch Vorauszahlungen ein Thema. Bei einigen Internationalen Finanzierungsinstituten (IFIs) und auch bei der Stadt Wien ist dies mit Sicherstellung in Form einer Bankgarantie möglich. 65 Prozent Befragten nehmen ein solches Angebot bereits in Anspruch oder haben Interesse, es in Zukunft zu nutzen. Ebenfalls würde eine knappe Mehrheit der Befragten (52 Prozent) eine einmal monatliche Teilzahlung begrüßen.

 

Klare Zustimmung: Leistungseinstellungsrecht für Auftragnehmer

 

Bei Zurückhaltung des Werklohns ohne Behauptung eines konkreten Mangels oder Schadens sollte der Auftragnehmer das Recht haben, seine Leistung einzustellen. Diese Regelung begrüßen knapp 80 Prozent der Befragten. Was konkret und prüfbar ist, müsse von Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam im Vorfeld festgelegt werden. Die dafür notwendige Prozess- und Organisationsstruktur sei auch ein Thema für Versicherungen – darin waren sich die Befragten in den offenen Nennungen zur Umsetzung dieses Programmpunkts einig.

 

CCC-Award: Construction – Consulting – Culture

 

Auch der erstmals vom VZI ausgelobte CCC-Award rückt die Qualität der Zusammenarbeit bei Immobilien- und Infrastrukturprojekten in den Mittelpunkt. Ausgezeichnet werden Einzelpersonen, die sich in besonderer Art und Weise für die Qualität der Zusammenarbeit engagiert haben – von der Projektidee bis zur fertigen Errichtung und Übergabe an den Betrieb. Dabei werden insbesondere die Kriterien „Kommunikation“, „Faire Vertragsgestaltung und Vergabe“ sowie „Innovative und außergewöhnliche Maßnahmen zur Erhöhung der Qualität der Zusammenarbeit“ bewertet.  Als Grundlage für die Bewertung gelten die von der Österreichischen Bautechnik-Vereinigung (ÖBV) im Merkblatt zur Kooperativen Projektabwicklung unter Punkt 4.4 festgehaltenen Kriterien zur Projektorganisation und Kommunikation sowie der Bestbieterkriterien-Katalog der Initiative „Faire Vergaben“. Die Auszeichnung erfolgt im Rahmen des Festaktes zum 30-jährigen Jubiläum des VZI am 23. Mai 2018 im Kursalon Wien.

 

Nominierungen bis 31. März 2018. Alle Informationen finden Sie hier.

 

Eckdaten der Umfrage

 

  • Methode: Offen zugängliche, qualitative Online-Umfrage
  • Befragungszeitraum: 3.10.-7.11.2018
  • Anzahl der eingegangenen Interviews: 119
  • Vollständig ausgefüllte & ausgewertete Interviews: 90