Diskussionsrunde, 28. Januar 2015

Bestbieter – Fluch oder Segen

Bestbieter – Fluch oder Segen

Die Sozialpartner verhandeln eine gesetzliche Änderung für die Vergabe öffentlicher Bauaufträge, weg vom Billigstbieter- hin zum Bestbieterprinzip. Ob das Bestbieterprinzip für Bau-Dienstleister eine Verbesserung bei den Vergaben bringen kann, wurde vom Verband der Ziviltechniker- und Ingenieurbetriebe (VZI) im Hotel Sacher diskutiert. Als Podiumsdiskutanten nahmen teil: GD Ing. Karl-Heinz Strauss, CEO der PORR AG; DI Adolf Lauber, Geschäftsführer Cofely Gebäudetechnik GmbH; Dr. Stefan Eder, Partner von Benn-Ibler Rechtsanwälte GmbH; DI Andreas Gobiet, VZI Präsident und Geschäftsführer der Ingenos.Gobiet.GmbH. Mag. Karin Keglevich, Special Public Affairs GmbH, moderierte die Diskussion.

 

Die Diskutanten waren einer Meinung, dass der Bauherr der wichtigste Keyplayer in einem Projekt ist. Es liege an dem Bauherren zu entscheiden, welcher Anbieter zu welchen Qualitätskriterien den Zuschlag für ein Projekt bekommt. In Österreich ist, mit einigen Ausnahmen, im öffentlich Bereich nicht die notwendige BauherrenKompetenz vorhanden, dies wurde auch vom Rechnungshof schon bemängelt. Man war sich einig, dass viele Probleme am Bau nicht durch die beteiligten Baufirmen und Dienstleistern entstehen sondern durch mangelnde Ausschreibungs-Qualität und vor allem auch durch schlichtweg: Nichtentscheiden. Das nun in Überarbeitung befindliche Vergabegesetz hat aber grundsätzlich eine Problematik: es regelt alle öffentlichen Ausschreibungen, daher kann es gar nicht spezifisch auf Bauvergaben Rücksicht nehmen. Strauss bemerkte an, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, ein eigenes Gesetzt für das Bauwesen und das Planen zu kreieren. Vor allem sei es wichtig, dass den öffentlichen Auftraggebern ein Budgetrahmen bei der Vergabe möglich sein müsste, da sich oftmals Probleme erst während des Baus einstellen, die aber wieder im Amt intern zu vertreten sich viele nur zögerlich oder gar nicht trauen, da ihnen mangels Kompetenz die Argumentation fehlt, was wiederum ein Problem bei einer Rechnungshof- bzw. Kontrollamtprüfung ergibt.

 

Lauber wünscht sich für den Standort Österreich, der ein Qualitätsstandort sein will, aber mit dem Billigstbieterverfahren arbeitet, dass Kriterien und Verfahren gefunden werden, die eine erfolgreiche, qualitative hochwertige Umsetzung von Projekten gewährleistet. Der derzeitige Status quo erfordert, dass Anbieter unter den Fixkosten offerieren, um die Ausschreibung zu gewinnen. Infolgedessen, werden alle Teilnehmenden gezwungen mit einem geringen Budget zu arbeiten, dies führt zwangsläufig zu einem Mangel an Qualität, da notwendigen Ressourcen fehlen um qualitativ hochwertig zu arbeiten.

 

Strauss deponierte, dass Bauunternehmen unter dem Billigstbieterprinzip verzweifeln. Der Bauherr, der unter enormen Budgetdruck leidet, kann keine fachlichkompetente Qualität akquirieren und muss daher zum billigsten Anbieter greifen. „You get what you pay for“, war seine Aussage. In England oder im angloamerikansichen Raum gäbe es ausgefeilte Kriterien, die eine qualitativ hochwertige Umsetzung gewährleisten.

 

Laut Eder funktionieren Bestbieterverfahren, wenn sie professionell aufgesetzt werden, das ist derzeit aber eher nur im anglikanischen Raum anzutreffen. Das große Problem in Österreich sei, dass das Rad kontinuierlich neu erfunden würde und somit kein einheitliches System entstehen kann. Vergaben dürfen nicht ein Lotteriespiel sein, da dadurch Einsprüche und Bauverzögerungen überhand nehmen würden. Österreich sollte sich an dem internationalen Standard orientieren. Gobiet verlangt, dass Verträge standardisiert werden sollten. Wenn die Grundvoraussetzung und das Basiswissen eines Projektes festgelegt wurden, kann man detaillierte Verträge schmieden.

 

Es kann nicht sein, dass es Bestbieterverfahren gibt, wo der Preis 80% und die Qualität mit 20% bewertet werden, da darf man sich nicht wundern, wenn Bauvorhaben in der Öffentlichkeit wegen Preis- und Terminüberschreitungen negativ dastehen. Warum es z.B. in Spanien funktioniert, dass Preis mit 30 Prozent und die QualitätsKriterien mit 70 Prozent bewertet werden ist nicht nachvollziehbar. Die Voraussetzung für ein gutes Projekt ist die Zusammenarbeit von allen Beteiligten und nicht die Angst und das gegenseitige Schlechtmachen um sich abzusichern.

 

„Wir werden es nicht schaffen, ein machbares Vergabegesetzt zu gestalten“, so die Grundessenz der Podiumsdiskussion. „Durch zu viele Meinungsbildner und Lobbyisten, werden überwiegend Differenzen erschaffen, aber keine Kriterien entwickelt. Die Bauindustrie leidet unter dem Billigstbieterprinzip und kein Einziger fühlt sich wohl mit dem Verfahren des Vergabegesetzes“, so Lauber.

 

Essenz des Diskussionsabends war, dass durch zu viele Meinungsbildner und Lobbyisten, die sich für die Überarbeitung des Vergabegesetzes stark machen, überwiegend Differenzen erschaffen, aber keine Kriterien entwickelt werden. Huer wäre die Politik gefordert keine Anlassgesetzgebung zu machen. Die Bauindustrie leidet unter dem Billigstbieterprinzip und kein Einziger fühlt sich wohl mit dem Verfahren des Vergabegesetzes.

 

Offen bleibt, wie es mit dieser Thematik weitergehen wird. Wird Österreich wie Deutschland, wo Unternehmen nur noch über Juristen verhandeln, oder steht Österreich zur österreichischen Qualität und bemüht sich um ein faires, praxistaugliches Vergabegesetz?“, Beim anschließenden Cocktail wurde noch ausführlich weiter debattiert und Networking betrieben.