Interview, 30. April 2019

Die strategische Ausrichtung des BIG-Konzerns

Gespräch mit Hans-Peter Weiss, Bundesimmobiliengesellschaft | Talkrunde, 30. April 2019

 

„Die strategische Ausrichtung des BIG-Konzerns – Schwerpunkte und Entwicklungspfade“

 

Der VZI lädt im Rahmen der VZI-Talkrunden regelmäßig Vertreter österreichischer Auftraggeber ein, um sich mit den Mitgliedern des Verbands auszutauschen. Im April lud die BIG zum Talk – Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der BIG, gab dabei einen umfassenden Überblick über das Portfolio, das Kerngeschäft und die strategische Ausrichtung des BIG-Konzerns. Zudem präsentierte er die Strategie der BIG bei den Top-Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung und gab den aktuellen Stand sowie die Planungen in Bezug auf aktuelle und zukünftige Projekte bei BIG und ARE bekannt. Im Rahmen einer interaktiven Diskussionsrunde hatten die Mitgliedsunternehmen schließlich die Möglichkeit, Fragen an Hans-Peter Weiss zu stellen und eigene relevante Themen zu äußern.

  

Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch mit dem BIG-Geschäftsführer.

 

Sie haben uns ja bzgl. der Digitalisierung einige Initiativen der BIG vorgestellt. Wie können sich Ingenieurbüros an den vorgestellten Initiativen beteiligen?

 

Die Disharmonie zwischen dem Angebot der Ausbildungsstätten und dem, was wir in der Praxis brauchen –  hier könnten Ingenieurbüros und Ausbildungsstätten einen Schulterschluss suchen. Stichwort anwendungsorientierte Forschung und Lehre: hier passiert in anderen Bereichen viel mehr als in unserem Umfeld. Beispielsweise ist es in der Automobilindustrie Gang und Gebe intensive Kooperationen zwischen anwendenden Unternehmen und Universitäten zu führen – und dies nicht nur mit Fokus auf Forschung, sondern auch in Bezug auf die Lehre. Da können wir uns alle noch ein Stück intensiver miteinbringen und versuchen, dies mit einzelnen Maßnahmen voranzutreiben und eine gemeinsame Initiative als Branche zu setzen. Gerne auch in strukturierter Form.

 

In Bezug auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit wird der kooperativen, partnerschaftlichen Projektabwicklung eine wichtige Rolle zugesprochen. Wie steht die BIG dazu?

 

Die BIG ist dem Thema partnerschaftliche Projektabwicklung gegenüber sehr positiv und offen eingestellt, gerade im öffentlichen Umfeld mit besonderen Nutzern brauchen wir genau das. Wir sprechen als BIG immer über sehr große Interventionen und Baumaßnahmen, die für sich allein genommen durchaus Widerstand erzeugen können. Daher ist es für uns ein ganz wesentlicher Punkt, zu einem frühen Zeitpunkt breit zu informieren, einzubinden und gemeinsam auch entsprechend zu entwickeln.

 

Im Gegensatz zu Ländern wie den Niederlanden, wo Gewinnspannen offengelegt werden und Änderungen am Projekt kooperativ abgewickelt werden, haben wir in Österreich eine andere Kultur und Umgangsweise, welche eine partnerschaftliche Projektkultur erschweren – sehen Sie das anders?

 

Bei den Verfahren unserer – im weitesten Sinne geförderten Wohnbauten – gebe ich Ihnen ein Stück weit recht. Aber dort, wo es um öffentliche Nutzer geht, glaube ich sehr wohl, dass das durchaus machbar ist und in einem gewissen Ausmaß erleben wir das schon bei großen Projekten – auch wenn das noch nicht diese standardisierten Verfahren sind, die Sie angesprochen haben. Aber es gibt einen klaren Prozess, der gemeinsam definiert ist, mit klarem Kosten- und Zeitrahmen, und wo auch die Einbeziehung der Nutzer und Einbindung der Dienstleister eine Rolle spielt und auch offen über Zahlen gesprochen wird.

 

(Zwischenfrage: ) Und im Wohnbau?

 

Niemand geht davon aus, dass man nicht einen wesentlichen Teil an geförderten Wohnbauflächen zur Verfügung wird stellen müssen. Was ich mir mehr wünsche, ist, dass man die Infrastrukturleistungen, die von vielen ungeliebt sind, stärker in die gesamte Betrachtung einzubeziehen. Hier braucht es klarere Regelungen.

 

Stichwort Wachstum: Wie sieht es aus mit einem Blick über die Grenzen? An Österreich angrenzende Ostländer zeigen großen Bedarf, gerade bei Einrichtungen kommunaler Bedeutung und aufgrund des geringen Investments der öffentlichen Hand – gibt es seitens der BIG Überlegungen, sich in diese Richtung zu entwickeln?

 

Zum Thema Wachstum generell: bei allen wesentlichen strategischen Auswirkungen gibt es ein klares Bekenntnis dazu, den Wachstumskurs der BIG in Zukunft fortzusetzen und verstärken zu wollen:

 

Dies betrifft auch den Bildungsstandort Österreich: wir haben in den letzten 5 Jahren eine gute Milliarde Euro in Universitäten investiert und wir haben Projekte von 1,7 Milliarden in der Pipeline. Es wird in Bälde auch im Bereich des Schulbaus eine entsprechende Investitionsmaßnahme geben, die aus meiner Sicht dringend notwendig ist, weil wir dort über einen Infrastrukturbestand verfügen, der nicht mehr ganz so auf der Höhe ist.

 

Zum Thema Blick über die Grenzen: Wir haben uns klar als österreichisches Unternehmen aufgestellt, das ist nichts wo wir proaktiv mit eigener Strategie hineingehen, wir schließen aber nicht aus, Chancen die sich im Ausland auftun, auch zu nutzen.

 

Was wir spüren ist, dass in diesen Ländern Investments eines staatsnahen Unternehmens eines anderen Landes kritisch gesehen werden. Da haben wir auch an Themen durch die EU geförderte Partnerschaften, die die Grundausrichtung eines solchen Immobilienstrategie betrifft, anzusetzen. Es würde diese Länder nichts kosten, wenn wir ihnen unter die Arme greifen, damit sie eine eigene BIG bauen, um es sehr plakativ zu sagen. Im Westen sieht es anders aus, da gibt es großes Interesse an diesem Modell, dass wir eigentlich einzigartig in Europa umgesetzt haben. Da glaube ich, dass es auch die Reife gibt, zuzulassen dass es egal ist, ob man sich bei einem Österreichischen Unternehmen einmietet.

 

Der VZI hat in diesem Jahr vier Zukunftsqualifikationen für Architektur- und Ingenieurbüros definiert – Interdisziplinarität, soziale Kompetenz, Kreativität und Managementqualitäten. Haben Sie dazu noch etwas zu ergänzen?

 

Diese Kriterien treffen sehr gut zu, auch für andere Branchen: Es ist wichtig, offen zu sein für diese neuen Entwicklungen aus unterschiedlichen Richtungen und sich damit selber und sein Unternehmen sowie seine Branche zukunftsfit zu halten. Der Kooperationsgedanke muss anders gelebt werden, als das in der Vergangenheit war, und zusätzlich ergänzt werden durch die genannten Kriterien, um schneller, effizienter und zukunftsfit zu werden.